Früher musste man vor den Schranken eines Gerichts die Finger heben und bei Gott dem Allmächtigen schwören, dem Gott, auf dessen Willen die bestehende Herrschaft beruhte, dass man nichts mehr habe.
Heute ist der Vorgang eine Unterschriftsleistung im Büro, was nicht weniger demütigend ist, aber danach wird man als Schuldner ins Schuldnerverzeichnis des anhängigen Gerichts eingetragen. Man steht für Schufa und Welt am Pranger. Seht her, dieser Mann ist arm wie eine Kirchenmaus. Macht keine Geschäfte mit ihm. Verweigert ihm die Privilegien des modernen Kapitalismus wie Internetzugang bzw. Kreditkarte. Und wem irgendetwas entgeht, wer eine Unterschrift leistet, obwohl er nicht mehr jede Zeile des Dokuments durchgelesen hat, um möglichst schnell das Büro verlassen zu können – Ist ja nicht so besonders angenehm, vor einem Fremden die Hosen herunterzulassen – dem drohen Geld- oder Freiheitsstrafe
Das Recht am Eigentum steht weit über der Würde des Menschen, weil der Kapitalismus es wichtiger findet, Sterne zu zählen, die Zahlen auf kleine Papierchen zu schreiben und in kleinen oder großen Schubladen zu horten. Ich habe nie ein treffenderes Beispiel für kapitalistisches Kriegführen gefunden, als die Beschreibung des Geschäftsmannes im kleinen PRINZEN. Und obwohl mein Großvater Banker war und selber mit kleinen Papierchen hantierte, beruflich und privat, war er wohl im Grunde derselben Meinung. Heute hantiert meine Mutter in meinem Leben mit Papierchen und obwohl sie ganz bestimmt eher Antikommunistin ist, ist die absolute zahlenmäßige Gleichbehandlung ihrer Söhne, egal wie die Umstände sind, ihr oberstes Prinzip. Dabei sind meine Eltern absolut gesehen keineswegs geizig. Nahezu genial ist ihre Erfindung, Geld zu verschenken, ohne es weggeben zu müssen, indem sie Kontoauszüge mit aufgelaufenen Beträgen verschenkt, das Geld aber behält bzw. den Zugriff darauf. Heute haben die Nichtarmen, so würden sich meine Eltern bezeichnen, obwohl sie wohlhabend sind, ich würde sagen, die Wohlhabenden und Reichen, jedenfalls die Meisten von ihnen, haben viele dieser Methoden entwickelt um ihre Nachkommen von der Teilhabe am Geld und damit auch an der Macht auszuschließen. Viele Nachkommen werden sogar von der Teilhabe am Leben ausgeschlossen.
Ein Freund hat mir von einem Cousin erzählt, der als nominaler Erbe eines vielfach zweistelligen Millionenvermögens so gedemütigt wird, wie er bereits seine Mieter demütigt, superkleinlich, oder demütigen soll. Er und seine Frau haben durch Arbeit und Geiz ein ebenfalls hohes Millionenvermögen angespart, sie könnten sich jetzt gut von Vaters Einfluss lösen, denn sie haben genug, wäre da nicht die Gier, aber der Sohn sieht nicht nur aus wie ein Bubbes, ene Jong, sein Vater behandelt ihn auch so, indem er den Sohn zwingt, sich für den über neunzigjährigen Vater, der so menschenfreundlich ist, dass er sich weder für Enkel oder Urenkel interessiert, sie noch nie in sein Haus eingeladen hat, den Sohn zwingt, sich als Bote und Hausmeister und Leerungsvollstrecker und Entmieter, als eine Sorte Edelsklave zu verdingen, denn er soll ja mal erben, sagt der Alte, und was ist, wenn der SOHN/Mann sein ganzes Leben als Erbe zugebracht hat und dann höchstens das Pflichtteil bekommt. Ich vermute mal, dass das keineswegs ein Einzelfall in der sogenannten demokratischen Republik ist.
Jeden Morgen muss er, der SOHN, beim Alten antreten zum Befehlsempfang. Das ist ja schlimmer als die wöchentliche Beichte, die es früher in der katholischen Kirche gab. Wie viele Menschen mag es geben, deren Lebensinhalt das Zählen des Vermögens ist. Obwohl doch an der Stelle, an der man nicht mehr Geld verdient, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten oder schöne Dinge zu kaufen, sondern darüber hinaus Anteile an institutionalisiertem Eigentum zu besitzen, der Wahnsinn des Kapitalismus beginnt, der in demokratischem Terror und kapitalistischem Krieg endet. Egal ob 9/11 wirklich ein Komplott war, was ich persönlich nicht glaube, der von der Bushadministration danach ausgerufene Krieg gegen den Terror, war die bislang perfekteste, weltweiteste Angstaktion, die zum Ziel hatte, den Zugriff auf jeden Kritiker des angeblich demokratischen Kapitalismus weltweit zu ermöglichen, der dem Regime gefährlich werden könnte. Die verstärkte Mediennutzung ist Teil dieses Plans.
Ich weiß noch gut wie ich zwei, drei Wochen nach 9/11 an der holländischen Küste saß und im Schutz der Dunkelheit ein riesiges Kriegsschiff, einer der größten Pötte, die ich je gesehen habe, aufbrach, in den Krieg zog. Da wurde mir ganz anders und ich las Oswald Spenglers Buch vom ‘Untergang des Abendlandes’ das in PLEXUS, einem der besten Bücher von Henry Miller, viel besser wiedergegeben ist, als es sich im Original lesen läßt.
Das wäre eines, bedauerlich nur, wenn man an die Menschen denkt, die betroffen sind, bedauerlich nur, was die kulturgeschichtlichen Errungenschaften angeht, aber wir wären ja nicht die erste Kultur, die untergeht…woanders sterben auch die Leut oder sind schon gestorben.
Dass dieser Untergang kommt, davon sind Menschen wie Alan Badiou überzeugt, der meint: der Westen wird nicht siegen, er wird dieses Geschehen nur durch immer heftigere äußere Kriege und innere Terrorismen verzögern können.
Die größte Farce in diesem Kontext sei das angebliche Mitbestimmungsinstrument der Wahl, des parlamentarischen Fetischs, von der Badiou sagt, dass der einzig in ihrem Kontext denkbare politische Akt, ihre Verweigerung sei. Jede Minute, die man mit einem Menschen verbringe, der Ziel des staatlichen Terrorismus sei, einem Illegalen, einem Harz-IV Empfänger, einem Obdachlosen, einem Menschen, den man mit Hilfe eines Niedriglohns foltere, jede solche Minute, die man im Sinne einer politischen Organisation der neuen Unterdrückten – für die sich Gewerkschaften nicht mehr verantwortlich fühlen, die ja Teil der ideologischen Staatsapparate sind, jede Minute, die man so verbringt, ist besser als wählen. Insofern wird es wieder Zeit für eine außerparlamentarische Opposition, ja Politik muss nach Badiou außerhalb der Staatsapparate stattfinden, das Internet bietet die Möglichkeiten einer Gegenöffentlichkeit, die natürlich von den Büttel-Medien- und Markenanwälten sehr, sehr heftig bekämpft wird.
Die grosse Furcht, die man gegenwärtig schafft, die Furcht vor dem Untergang des Abendlandes als Untergang des Kapitalismus, ist eine Furcht die auf der von Badiou benannten Dialektik von Krieg und Angst beruht. Der Kapitalismus meint nur überleben zu können, wenn er negiert, dass es nur eine Welt gibt. In Afrika ist wieder Krieg. Dort lag die Wiege der Menschheit und Europa, das sich so gerne als Zentrum der Welt gebährdet, weil sich die katholische Kirche als deren Mittelpunkt sieht Aber Europa ist erst relativ spät besiedelt worden. Wie wird sich das anfühlen, wenn nicht mehr der weiße Herrenmann in der Welt Hof hält, sondern wir Bittsteller wären in Asien, Afrika, Ozeanien oder Südamerika, da, wo Weiße überall eine Kultur des Todes und Totmachens initiiert haben. Ach so, und da ist ja noch ein anderer Rattenmann, der die abgetretenen BungaBunga Veteranen in Italien, in Frankreich in den schwarzen Schatten stellen, ein Individuum namens Strauss-Ka(h)nn. Ich habe im Hinterkopf, dass Marx irgendwo sagt, dass sich in der Krise der Kapitalismus selbst hinrichten wird. Warten wir es ab, wie sich dieses Wahlkampfjahre 2013 entwickeln wird. Aber vor der Wahl ist nach der Wahl und umgekehrt. Das Ziel ist immer im Weg. Die Medien inszenieren doch immer irgendwo Wahlwettkampf.